Verflucht, verdrängt und vergessen! Nadelgehölze haben in der heutigen Gartengestaltung einen schweren Stand. Die wenigen Exemplare, die noch nicht gefällt, gerodet und aus den Gärten verbannt wurden, fristen ein Schattendasein in den hintersten, ungeliebten Gartenecken und auf dunklen Friedhöfen.
Das sah in den 70er Jahren noch ganz anders aus. Da war die Konifere (vom lateinischen „conifer“ = Zapfen tragend) der Star in Deutschlands Gärten und fast so beliebt wie Schlaghosen oder Diskomusik. Kein Grundstück ohne Scheinzypressen, Lebensbäume, Wacholder und Fichten. Man könnte fast glauben, dass es in Baumschulen und Gartencentern zu dieser Zeit nichts anderes zu kaufen gab. Egal, ob als Vorgartenbepflanzung, Gehölzgruppe im Beet, Solitärbaum auf der Rasenfläche oder Sichtschutzhecke zum Nachbarn – Koniferen waren Gärtners Allzweckwaffe. Denn sie erfüllten zwei zu dieser Zeit ganz entscheidende Anforderungen: sie sind immergrün und machen nicht viel Arbeit.
Ein nicht ganz unwesentliches Merkmal wurde dabei leider häufig außer Acht gelassen: Nadelgehölze wachsen! Viele von ihnen sogar ziemlich weit in die Höhe und Breite. So wuchsen viele von ihnen ihren Besitzern infolge des unüberlegten und inflationären Gebrauchs im Laufe der Jahre buchstäblich über den Kopf und ließen in ihrer großen Anzahl viele Gärten aus allen Nähten platzen. Nachbarschaftsstreits über nicht eingehaltene Grenzabstände, Lichtmangel in der Wohnung, zugewachsene oder von Wurzeln angehobene Gartenwege, die Verdrängung konkurrenzschwächerer Nachbarpflanzen – die Folgeprobleme ließen nicht lange auf sich warten.
Hinzu kam die Einsicht, dass ein Garten, der fast nur aus Immergrünen besteht, nach einer Weile doch ein wenig langweilig und eintönig wird. Diskussionen um den geringen ökologischen Wert von Nadelgehölzen im Rahmen der Ökobewegung der 80er Jahre gaben dem lädierten Image dann endgültig den Rest.
Der damals entstandene schlechte Ruf hat auch heute noch Bestand. Viele Gartenbesitzer, aber auch Landschaftsgärtner machen immer noch einen großen Bogen um diese „hässlichen, langweiligen Friedhofspflanzen“. Schade eigentlich, denn Koniferen können bei gut überlegter Verwendung durchaus ein wertvolles Gestaltungselement in vielen Gärten sein. Vielleicht hilft das folgende kleine Frage-und-Antwort-Spiel dabei, das Image ein wenig aufzupolieren und ein paar Vorurteile aus dem Weg zu räumen.
„Werden alle Koniferen mit der Zeit zu groß für meinen Garten?“
Nein, nicht alle. Es gibt mittlerweile erstaunlich viele kleinbleibende und langsamwachsende Arten oder Sorten. Und es kommen immer wieder neue dazu. Züchter haben die Zeichen der Zeit erkannt und entwickeln für die tendenziell immer kleiner werdenden Hausgärten immer neue „Zwergkoniferen“, die oft nicht einmal 50cm hoch werden und sich teilweise sogar für die Bepflanzung von Kübeln und Balkonkästen eignen.
Beispiele für Zwergkoniferen
Abies balsamea ´Nana´
Niedere Balsamtanne, 80-100cm hoch, 200-250cm breit
Abies koreana ´Kohouts Icebreaker´
Eissilberne Zwerg-Lockentanne, 40-50cm hoch und breit
Chamaecyparis pisifera ´Plumosa Nana´
Zwerg-Mooszypresse, 80-100cm hoch, 60-80cm breit
Pinus mugo ´Wintersonne´
Berg-Kiefer ´Wintersonne´, 30-50cm hoch und breit
Thuja occidentalis ´Teddy´
Kuschel-Lebensbaum, 40-50cm hoch, 35-45cm breit
Sogar vom Urweltmammutbaum, der mit seiner Höhe von bis zu 40 Metern in einem normalen Hausgarten eigentlich nichts zu suchen hat, gibt es mittlerweile eine „Mini-Variante“. Metasequoia glyptostroboides ´Matthaei´, der Kugelmammutbaum, wird maximal 4 Meter hoch und kann damit problemlos in Innenhöfen oder Vorgärten gepflanzt werden.
Neben dem vorhandenen Platzangebot im Garten gilt es übrigens zu beachten, ob ein Nadelgehölz im Hinblick auf die Proportionen auch langfristig ins Gesamtbild passt. Was sich im kleinen Zustand gut in ein harmonisches Bild einfügt, kann dann im ausgewachsenen Zustand eventuell wie ein überdimensionaler Fremdkörper wirken, der neben dem Gebäude, anderen Pflanzen oder weiteren Gestaltungselementen auf einmal viel zu dominant wirkt. Hier sollte man schon vor dem Pflanzen einige Jahre vorausdenken.
„Wirken Gärten mit Koniferen grundsätzlich monoton?“
Nein, nicht unbedingt. Das hängt letztendlich von der richtigen „Dosierung“ ab, also davon, wie groß der Anteil von Nadelgehölzen an der Gesamtbepflanzung ist. In großen Gruppen gepflanzte Koniferen, beschränkt auf ein oder zwei Arten sorgen dafür, dass unser Auge schon nach kurzer Zeit genug davon gesehen hat. Sinn machen größere Stückzahlen der gleichen Art im Grunde nur bei der Verwendung als Hecke, die dann ruhiger Hintergrund und gleichzeitig ganzjähriger Sichtschutz ist. Davon abgesehen ist es viel effektvoller, sich auf einige wenige Einzelexemplare zu beschränken und diese an unterschiedlichen Stellen im Garten als Blickpunkte gezielt in Szene zu setzen.
Richtig interessant wird das Ganze, wenn wir uns dabei nicht auf die immer gleichen Standardarten und -sorten beschränken, sondern die volle Farb- und Formvielfalt ausschöpfen. So gibt es Koniferen in vielen unterschiedlichen, oft ungewöhnlichen Wuchsformen – von streng geometrischen Formen wie Kugeln, Kegeln oder Säulen, über nah über dem Boden wachsende Kriechformen, bis zu bizarr anmutenden Exemplaren mit auffällig gekrümmten oder hängenden Trieben. Formgehölze, wie Bonsai-Kiefern oder kastenförmig geschnittene Eiben erweitern die Palette an verschiedenen Formen noch zusätzlich.
Koniferen mit besonderer Wuchsform
Juniperus communis ´Horstmann´- Hängender Heidewacholder malerisch überhängend wachsend
Juniperus squamata ´Blue Carpet´ - Blauer Kriech-Wacholder kriechend, dicht kissenförmig wachsend
Picea abies ´Inversa´- Hänge-Fichte
säulenartig mit hängenden Zweigen
Picea abies ´Nidiformis´ - Nest-Fichte
flachkugelig, mit nestartiger Vertiefung
Taxus baccata ´Fastigiata´ - Säulen-Eibe
schmal säulenförmig wachsend
Auch im Bezug auf die Nadelfärbung gibt es viel Spielraum. Nicht alle Koniferen sind einfach nur grün. Das Spektrum reicht von silber- oder blaugrau über gelb bis hin zu panaschierten Nadeln. Zusätzliche Vielfalt bringen die ganz unterschiedlich geformten und gefärbten Zapfen.
Koniferen mit besonderer Nadelfärbung
Chamaecyparis pisifera ´Filifera Sungold´
Gelbe Zwerg-Fadenzypresse, goldgelb bis gelbgrün
Juniperus chinensis ´Blauuw´
Blauuw´s Wacholder, graublau
Pinus parviflora ´Negishi´
Kompakte blaue Mädchenkiefer, graublau
Taxus baccata ´Elegantissima´
Gold-Eibe, gelbstreifig - später weißbunt
Taxus baccata ´Summergold´
Gelbe Kissen-Eibe, im Sommer leuchtend gelb
„Bedeutet „immergrün“ gleichzeitig auch „leblos“ und „langweilig“?“
Auch diese Frage lässt sich ganz klar mit „Nein“ beantworten. Im Grunde ist es sogar umgekehrt: Ein Garten ohne immergrüne Pflanzen ist über das Jahr gesehen oft sogar viel langweiliger als einer, der auch einen gewissen Anteil Immergrüne enthält.
Eine Gartengestaltung wird nämlich erst durch das Zusammenspiel von weichen und harten, strukturgebenden Elementen so richtig interessant. Zu den weichen Elementen zählen sommergrüne Gehölze, Stauden, Gräser und Zwiebelpflanzen – also die sich im Jahresverlauf ständig verändernde Vegetation. Zu den harten Elementen zählen Wege, Mauern, Pergolen oder Skulpturen, aber auch kompakt wachsende, immergrüne Gehölze. Im Winter setzen sie klare Akzente und sorgen so dafür, dass auch in dieser Zeit eine klare Gestaltung und Struktur im Garten erkennbar ist.
Im Sommer hingegen bieten sie dem Betrachter optische Fixpunkte, an denen sich das Auge festhalten kann und können gleichzeitig eine ruhige Kulisse für die sich wandelnde, weitere Vegetation sein. Eine bunte, üppige Staudenpflanzung kommt erst dann so richtig zur Geltung, wenn sie durch einen dunkleren, einheitlichen Hintergrund optisch in den Vordergrund gerückt wird, z.B. vor einer streng geschnittenen, ganzjährig dunkelgrünen Eibenhecke.
Nebenbei bemerkt: Nicht alle Nadelgehölze sind immergrün. Die Gattungen Larix, Metasequoia, Taxodium und Ginkgo bekommen im Herbst eine auffällige Herbstfärbung und sind dann im Winter unbelaubt. Sofern man sich für kleiner bleibende Sorten, wie den zuvor bereits erwähnten Kugelmammutbaum oder den Zwergfächerbaum (Ginkgo biloba ´Mariken´) entscheidet, kommen diese Gehölze sogar für eine Pflanzung in kleinere Hausgärten infrage.
„Sind Koniferen aus ökologischer Sicht völlig wertlos?“
Auch hier ein klares „Nein“. Zugegeben, Koniferen bieten nicht gerade die beste Nahrungsgrundlage für Insekten und damit fehlen diese Insekten dann wiederum auch als Nahrung für Vögel. Völlig wertlos sind Nadelgehölze aus ökologischer Sicht aber keineswegs. So bieten sie Vögeln im Winter und frühen Frühjahr ein gutes Versteck und damit einen geschützten Futter- und Nistplatz. Außerdem stellen sie für viele Tiere eine wichtige Nahrungsgrundlage dar. So dienen beispielsweise Fichtenzapfen und sogar die für Menschen giftigen Eibensamen Eichhörnchen als energiereiche Winternahrung. Auch Buntspechte ernähren sich unter anderem von Samen aus den Zapfen von Nadelbäumen.
Darüber hinaus haben Studien ergeben, dass Nadelgehölze sehr gut Feinstaub aus der Luft filtern können – in Zeiten des Klimawandels eine immer wertvoller werdende Eigenschaft. Aus diesem Grund könnte es sein, dass Nadelbäume zukünftig auch eine wesentlich größere Rolle als Straßenbäume spielen werden.
„Passen Koniferen überhaupt in eine moderne Gartengestaltung?“
Ja, absolut. Wobei dabei zuerst einmal geklärt werden muss, um welche Art des modernen Gartens es sich eigentlich handelt. Die Frage muss eigentlich lauten: „Welche Konifere passt zu welchem Gartenstil?“ Viele Nadelgehölze eignen sich hervorragend dazu, den Stil des Gartens zu untermalen und damit noch deutlicher erkennbar zu machen. Bonsai-Kiefern beispielweise sind ein markantes Highlight im heute so beliebten asiatischen Garten. Zwergkiefern und Hängefichten betonen den kühlen und kargen Charakter des Steingartens oder Alpinums. Eckig geschnittene Eiben nehmen die formalen Linien und Kanten einer formalen Gartengestaltung auf ermöglichen uns so das Übersetzen der strengen Formen in die Pflanzenwelt.
Fazit
Die Konifere hat eine neue Chance verdient. Sie hat durchaus eine Daseinsberechtigung – auch in modernen Gärten. Bei gut überlegter Verwendung ist sie nicht Störfaktor, sondern ein wichtiges Puzzleteil im Gesamtbild. Neben der Wuchsgeschwindigkeit und Endgröße gilt es zu beachten, welche Nadelgehölze in das Gesamtkonzept des Gartens passen – zum Gartenstil, den einzelnen Gestaltungselementen und benachbarten Pflanzen. Aber es sollte kein Problem darstellen, für jede Gartensituation das passende Nadelgehölz zu finden – die Vielfalt an Größen, Formen und Farben ist groß. Für die Anzahl verwendeter Koniferen gilt die Devise „Weniger ist mehr“ – lieber gezielt Highlights setzen als den Garten mit großen Gehölzgruppen zu überfrachten. Holen Sie sich bei Bedenken im Hinblick auf die richtige Pflanzenauswahl Hilfe vom Fachmann – Landschaftsarchitekten, Baumschulgärtner und Landschaftsgärtner beraten Sie gerne und kompetent.